Zwei Drittel aller ÖsterreicherInnen werden ihre Angehörigen betreuen

Neue Pflegestudie zeichnet ein besorgniserregendes Bild über die Zukunft der Pflege

Eine neue Studie des Momentum Instituts bestätigt, wovor der ÖGB schon lange gewarnt hat: Wenn wir jetzt die Pflege nicht neu denken, dann wird es bald schon massive Einschränkungen für alle, also zu Pflegende und PflegerInnen, geben. Denn im Laufe ihres Lebens, werden zwei Drittel aller Menschen in Österreich Angehörige betreuen müssen.

Frauen tragen Hauptlast

Was auch angesichts der Zahlen nicht verwundert: Fast 42 Prozent aller PflegegeldbezieherInnen werden von Angehörigen betreut. Und die Hauptlast tragen Frauen: Sie pflegen um 50 Prozent häufiger als Männer. Frauen machen das auch im Schnitt länger als Männer (Frauen 27, Männer 22 Wochenstunden). Besonders oft pflegen Frauen, die im Alter zwischen 46 und 64 Jahre sind, was ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verringert. Dadurch wird auch Altersarmut bei Frauen befördert, da sie bereits während der Kinderbetreuung und dann aufgrund von „Pflegeverpflichtungen“ oft Teilzeit arbeiten.

Nur klatschen ist zu wenig

Doch was ist zu tun? „Die Gewährleistung einer ausreichenden, qualitativ hochwertigen Betreuung und Pflege gehört zu den Kernaufgaben unseres Sozialstaates”, erinnert Martina Lackner, ÖGB-Expertin für Pflege. Dazu bedarf es in Zukunft mehr finanzieller Ressourcen. Denn nur durch ausreichend Personal und gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten kann der Bedarf an hoher Pflegequalität abgedeckt werden. „Und nur klatschen ist zu wenig“, fügt Lackner hinzu.

Viele werden von Familienmitgliedern gepflegt

Das österreichische System der Pflege und Betreuung ist durch einen hohen Anteil an „informeller Pflege” gekennzeichnet, erklärt Martina Lackner. Denn: „Rund die Hälfte aller pflegebedürftigen Menschen werden von Familienmitgliedern zuhause gepflegt.” Viele der Angehörigen, in der Regel Frauen, reduzieren ihre Arbeitszeit oder geben ihren Beruf auf, um die Pflege und Betreuung ihrer Verwandten zu gewährleisten. „Diese Entwicklung ist wegen der späteren Konsequenzen, zum Beispiel niedrigere Pensionen, bedenklich“, kommentiert Lackner.

Durch die Einführung der Pflegekarenz bzw. der Pflegeteilzeit sind in den letzten Jahren  Verbesserungen für pflegenden Angehörige erreicht worden. „Leider besteht aber trotz Nachschärfungen kein Rechtsanspruch auf die Inanspruchnahme der Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit für deren Gesamtdauer“, sagt ÖGB-Pflegeexpertin Lackner abschließend.


Die ÖGB-Forderungen auf einen Blick:

- Nachhaltige Sicherstellung der Finanzierung der Pflege durch Implementierung des Pflegefonds ins Dauerrecht, verbunden mit der Einführung einer allgemeinen Vermögenssteuer sowie die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer.

- Wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Entlohnung des Pflegepersonals (z. B. Anhebung der Löhne/Gehälter in den Kollektivverträgen im Sozial- und Gesundheitsbereich, Schaffung von modernen Arbeitszeitmodellen, Verkürzung der Arbeitszeit)

- Flächendeckender Ausbau der mobilen Dienste, Pflegeheime, Tageszentren, alternative Wohnformen, Hospize und Palliativeinrichtungen.

- Generationsübergreifende Wohn- und Betreuungsformen

- Rechtsanspruch auf die Gesamtdauer der Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit.
 

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Studie des Momentum Instituts zum Download

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